Hochzeit - Ein Loblied auf den Liebesbund zwischen Gott und Mensch, zwischen Mann und Frau 

Dem Wort Hochzeit scheint ein Zauber innezuwohnen, der die Menschenherzen bewegt; und dies nicht zu Unrecht, denn in der Schöpfung, im ganzen Universum liegt ein tiefes Geheimnis verborgen, das sich in dem einen Wort «Hochzeit» umschreiben lässt.

Es geht um den Bund der Liebe, die liebende Vereinigung zwischen Braut und Bräutigam, die Vermählung, den Ehebund.

Anders als die meisten denken, hat dieser Bund seinen Ursprung nicht im Menschen, sondern in Gott. Der Heilige Geist erleuchtet unseren Verstand und hilft uns, dies zu verstehen. Oder anders ausgedrückt: Erleuchtet vom Heiligen Geist erhalten wir immer klareren Einblick in den ganzen Weltenplan Gottes.

Die Geschichte des Universums ist geprägt von der Hochzeit, die der König des Himmels, Gott der Vater, für seinen Sohn Jesus Christus vorbereitet; so wie es im Matthäusevangelium ausgedrückt ist: «Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete.» (Mt 22,1ff)

In den prophetischen Büchern der Heiligen Schrift wird das Verhältnis Gottes zu seinem Volk oft im Bild des Ehebundes beschrieben: «Wie der junge Mann sich mit der Jungfrau vermählt, so vermählt sich dein Schöpfer mit dir. Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich.» (Jes 62,5)

Der in gegenseitiger Liebe geschlossene Ehebund zwischen einem Mann und einer Frau ist ein Bild, ein Zeichen (Sakrament), ein Hinweis auf den dahinterliegenden Bund Gottes mit der Menschheit.

Von allem Anfang an ist die ganze Schöpfung auf Ihn hin geschaffen. So heisst es im Hymnus des Kolosserbriefes: «Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen.» (Kol 1,16)

Es ist äusserst bedeutsam, was in diesem einen Vers ausgesagt wird: Alles, wirklich alles, alles im Himmel und alles auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, einfach ALLES ist auf Jesus Christus hin geschaffen. In der Menschwerdung seines Sohnes im Schosse der Jungfrau Maria gipfelt die ganze Schöpfungsgeschichte. Gott wird eins mit dem Menschen.

Auch die Ehe ist auf Ihn hin geschaffen. Jesus betonte die ursprüngliche Absicht des Schöpfers, dass die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau unauflöslich sei, als Zeichen für die Bundestreue Gottes zum Menschen. «Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.» (Mt 19,6)

Weil Gott der genialste Künstler aller Zeiten ist, steht über seinem Schöpfungswerk das Wort «Gott sah, dass es gut war». Und nach der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau, als sein Ebenbild, steht geschrieben: «Und siehe, es war sehr gut (Gen 1,31)

Ja, sehr gut war, ist und bleibt Gottes genialer Gedanke der Liebesehe zwischen einem Mann und einer Frau. Diesem Bund der Liebe vertraute Er seine göttlich-kreative Schaffenskraft an. Mann und Frau befähigte Er, mit Ihm zusammen neues, ewiges Leben zu zeugen. «Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch …!» (Gen 1,28)

Es gibt viele Wunder auf dieser Erde; das grösste Wunder unter ihnen aber ist das Werden und Wachsen eines neuen Menschenkindes!

Nicht von ungefähr tat Jesus sein allererstes Zeichen auf einer Hochzeit. In diesem Zeichen ist ausgedrückt, dass Jesus auch gekommen ist, um die ursprüngliche Bedeutung und Würde der Ehe wiederherzustellen. Der menschliche Ehebund weist, wie der Verfasser des Epheserbriefes es ausdrückt, auf eine tiefere Wahrheit und Wirklichkeit hin: «Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche.» (Eph 5,31f)

Weil der menschliche Ehebund ein Zeichen ist, das auf Christus und seine Beziehung zur Kirche hinweist, sagte Jesus auf der Hochzeit in Kana, bevor er das Wasser in Wein verwandelte: „meine Zeit noch nicht gekommen sei“. «Seine Zeit» kam erst, als er in einer «hochzeitlichen» Feier den Wein in sein Blut verwandelte. Da steht der Bräutigam vor seiner Braut und spricht die Worte des neuen und ewigen «Ehebundes»: «Das ist mein Leib, das ist mein Blut, hingegeben für Dich, meine erwählte Braut!»

Das Bild der Vermählung des Bräutigams Christus mit seiner Braut, der Kirche, und in ihr mit der einzelnen Seele des Menschen, prägt die biblisch-christliche Mystik seit ihren Anfängen. Die irdische Feier der Eucharistie verweist in der Sprache der Hochzeitsmystik auf jene kommende himmlische Hochzeit hin, welche dem Seher Johannes in der Apokalypse angekündigt wird: «[…] Wir wollen uns freuen und jubeln und ihm die Ehre erweisen. Denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes und seine Frau hat sich bereit gemacht.» (Offb 19,6–7)

In der Geschichte der Erlösung kommt der «Hochzeit des Lammes» eine unüberbietbare Bedeutung zu. Vom ersten bis zum letzten Buch der Heiligen Schrift geht es um ein Thema: die Vermählung Gottes mit dem Menschen und die Vermählung der Menschheit mit Gott. Die Einladung Gottes gilt der ganzen Menschheit und klingt durch alle Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag: «Alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit!»

  

Diakon Urban Camenzind-Herzog