Liebe Schwestern und Brüder
Martin Buber, eine jüdischer Religionsphilosoph hat einmal gesagt:
«Gott ist das beladenste aller Menschenworte! Keines ist so besudelt,
so zerfetzt worden. Gerade deshalb darf ich nicht darauf verzichten.
Die Geschlechter der Menschen haben die Last auf dieses Wort
gewälzt und es zu Boden gedrückt. Es liegt im Staub und trägt ihre
aller Last.»
Als ich 1992 zum bischöflich Beauftragten für die Erneuerung
eingesetzt wurde, baten mich die Bischöfe dafür zu sorgen, dass
unsere Gruppen und Gemeinschaften sich zuerst und vor allem aus
dem Wort Gottes ernähren und nicht zuerst aus irgendwelchen
Privatoffenbarungen. Sie gaben mir den Auftrag dafür zu sorgen, dass
wir uns als Gemeinschaft ganz im spirituellen Raum der Kirche
bewegen und in ihren Lehren verharren. So wie es in der
Apostelgeschichte heißt: «Sie verharrten in der Lehre der Apostel.»
Einige von euch haben bestimmt mitbekommen, wie Papst Franziskus
in den letzten Tagen die Gläubigen dazu aufgerufen hat im
Zusammenhang mit dem Coronavirus das Wort «Gott» sorgfältig in
den Mund zu nehmen. Er wehrt sich gegen die Auslegung, dass der
Virus von Gott gesandt, sozusagen als Strafgericht über die
Menschen kommt. Jemand von euch hat mir auch ein Video
zugestellt, in dem ein freikirchlicher Pastor genau in dieser Art und
Weise von Gott spricht. Papst Franziskus weist daraufhin, dass diese
Krankheit nicht von Gott kommt; denn das Virus trifft ja ganz
besonders seine Lieblinge, die Armen, mit denen er sich selbst
identifiziert.
Kürzlich haben wir das Evangelium im Johannes 9, 1 -12 bewegt. Da
ging es um einen blind geborenen Mann und die Jünger fragten
Jesus, wer denn gesündigt habe, er selbst oder seine Eltern, so dass
er blind geboren wurde. Darauf antwortet Jesus: "Weder er noch
seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes soll an ihm
offenbar werden."
Was auch immer die Ursache dieses Virus ist, von Gott kommt es
nicht. Gott in seiner unendlichen Demut lässt sehr vieles zu. Er
benutzt alle Umstände des Lebens, er benutzt auch die Krankheiten,
um sie zu wandeln und für uns zum Segen zu machen. Lasst euch also
nicht verwirren durch solche Reden, die das Wort «Gott» damit in
den Schmutz ziehen(Ihnen selbst nicht einmal bewusst). Im
Christlichen Umfeld ist das Gegenteil von «gut» oft nicht «böse»,
sondern «gut gemeint». Das Problem dieser «gut gemeinten» Reden,
ist umso gravierender, als sie diese mit der Autorität Gottes und
seinem Wort versehen.
Verharren wir als getrost in der «Lehre der Apostel», das ist
befreiend und froh machend. Ich schaue mir öfters am Morgen um 7
Uhr die Hl. Messe mit dem Papst in der St. Martha Kapelle an. Es ist
heilsam, wie er da im Gebet für alle in den Riss tritt. Er steht damit
ganz in der Nachfolge Jesu, der noch vom Kreuz herab beim
Vater für seine Peiniger einsteht: «Vater vergib ihnen, denn sie
wissen nicht was sie tun.» Lk 22,34
Auch den Urbi et Orbi Segen spendete er ganz besonders im Hinblick
auf jene, die wegen ihrer Schuld Angst haben vor ihren Schöpfer zu
treten.
Das ist unser aller Auftrag: für die Menschen in den Riss zu treten und
sie der barmherzigen Liebe unseres unendlich gütigen Gottes
anzuvertrauen.
Es ist mir ein Anliegen diese Gedanken mit euch zu teilen. So viel aus
meiner «Klause» in Geuensee.
Seid gesegnet und seid weiterhin ein Segen!
Urban Camenzind